Wut, alles spricht von Wut, lebt Wut, wütet, tut Wut. Ich bin es auch: wütend! Eine Tragödie wird zerhackt im hirnlosen Geplärre von Schuldzuweisungen, dicke Wurstfinger zeigen auf Andere, die meisten Wurstfinger zeigen wie immer auf Putin und Putin ist es mal wieder relativ Wurst. Ich bin wütend, weil ich mir verarscht vorkomme. Weil man mir 25 Jahre nach dem scheinbaren Ende des Kalten Krieges versucht die Welt damit zu erklären, dass der Russe, dass Putin an allem Schuld ist. Und während sie laut schnattern und schimpfen über Putin, beugen sie sich auf den Bänken der Parlamente zu ihren Sitznachbarn und flüstern hinter vorgehaltener Hand: „Gut dass es Putin gibt, auf den können wir alles schieben, die Scheiße die der am Schuh kleben hat stinkt mehr als unsere.“ Und für alle, die es jetzt schon wieder aus ihren Fernsehsesseln gerissen hat, um wild voller Empörung mit den Armen fuchtelnd bei erhöhter Herzfrequenz und zutiefst erschüttert und überhaupt wie kann er nur: Nein ich habe kein Poster von Putin über dem Bett hängen, wo er mit nacktem Oberkörper einen Braunbären mit den bloßen Händen erwürgt. Aber die EU hat eine Nase und statt sie immer nur überall hineinzustecken, könnte man sich ja auch einfach mal wieder dran fassen, wie man so schön sagt. Und auch der Amerikaner, sofern er sie findet und noch weiß, wo er sie gerade überall hineingesteckt hat, könnte sich mal wieder an die eigene Nase fassen. Haben wir nicht mitgezogen und mitgezerrt an der Ukraine, haben wir nicht geholfen den Keil durch das Land zu treiben? Ist nicht vielleicht der neue Präsident der Ukrainer ein ebenso lupenreiner Demokrat wie Putin, der 1,6 Milliarden Dollar Mann mit dem eigenen Fernsehsender. Haben wir nicht den Kriegszuständen, den aufgeheizten Gemütern zum Trotz einfach mal ruck zuck das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine unterschrieben? Kann man jetzt wirklich von mir verlangen, dass ich dem amerikanischen Geheimdienst irgendetwas glaube, der zur Rechtfertigung von Interessen und Krieg Massenvernichtungswaffen im Irak erfunden hat und uns abhört und ausspioniert wo es nur geht. Hat man vergessen, dass die ukrainische Armee 2001 aus Versehen ein Zivilflugzeug abgeschossen hat? Das sowas möglich ist? Wie kann es sein, dass die Fluggesellschaften selbst entscheiden, ob sie den kurzen Weg über das Krisengebiet nehmen oder nicht? Warum hat die Regierung den Luftraum über der Ostukraine nicht vollständig gesperrt, wenn man doch wusste, dass es entsprechende Waffensysteme gibt? Wer ist schuld? Putin alleine? Wollt ihr uns wirklich erzählen er muss weg und alles wird gut? Glaubt ihr wirklich die Sehnsucht der Russen nach einem starken Präsidenten ist dann dahin und sie wählen jemanden der aussieht wie Norbert Blüm und redet wie Stoiber? Meint ihr wirklich Putin kann sich vor sein Volk stellen und sagen: Leute, der Druck wird mir zu hoch, ich schlaf schon schlecht, ich halte diese Sanktionen nicht mehr aus? Wo ist das Konzept, die Idee, der langfristige Plan? Menschen werden aus dem Leben gerissen, Angehörige trauern, Kerzen werden angezündet, Kränze niedergelegt, sonst ändert sich nichts. Das Fuchteln mit Wurstfingern, das von sich weisen von Verantwortung. Das macht mich wütend.
Mein Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen der Opfer von MH17.